Georg Heym – 100. Todestag des Frühexpressionisten

Vor zwei Tagen, am 16. Januar 2012 jährte sich der Todestag des Lyrikers Georg Heym zum 100. Mal. Obwohl am Tag seines Todes gerade einmal 24 Jahre alt, zählt er zu den wichtigsten und einflussreichsten Dichtern seiner Zeit. Entsprechend gering war das mediale Echo, ob des geringen Interesses an Lyrik in der heutigen Zeit.

Georg Heym – 1887–1912

Der Tagesspiegel titelte, Heym sei eine „Literatur-Wiederentdeckung“ – zu wünschen wäre es dem 124-Jährigen. Doch habe ich gar nicht das Gefühl, dass es einer Wieder-Entdeckung bedarf. Denn Heym gehört seit Jahren zum Schul-Kanon, wird im Deutschunterricht behandelt. Sein Gedicht „Der Krieg“ von 1911 war Bestandteil meiner Abitur-Klausur – das war 2006. Und auch die Jahre davor begleitete mich der Heym in der Schule; und ich freute mich immer, wenn ich ihm begegnete. Ich mochte seine düstere Lyrik, die sich häufig auf die Stadt und deren urbane Phänomene, wie Isolation und Vereinsamung des Menschen konzentriert.

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Großstadtliebe

Großstadtliebe

– gewidmet –

Eine bejahrte Zahnfäule schreitet,
den stelzenden Paradiesvogel umrahmend,
erwartungsvoll gen Sehnsuchtshafen.

Gekünsteltes Balzverhalten umschwärmt
den angegrauten Schnäuzer jauchzend,
stößt geheucheltes Verlangen aus.

In fremden Federn fühlt sich Fäule frei,
entblößt unbedarft, ganz in Gossenmanier,
frohlockend all die abstoßende Potenz.

Über des Graubartes voller Pracht geneigt,
beweist der Paradiesvogel seine Routine,
lieblos, aber pflichtbewusst gen Erleichterung.

Hast und Ekel ringen um die Oberhand,
schmierige Ausdünstungen fördern die Eile,
eine Ejaculatio praecox wäre befreiend.

Abgefertigt wie ein Massenprodukt
ergießt sich Zuneigung, um anschließend
in Belanglosigkeiten unterzugehen.

Vom Druck befreit, das Verlangen gezähmt,
gehen beide ihrer Wege, auf der Suche
nach Zuneigung und betagten Phalli.

Zweifel

Zweifel

.

Unbemerkt umklammert er mich,
legt seine Hand auf meine Brust.
Benebelt von dem Rausch der Gier
Bin ich der Fäulnis verfallen.

Leis züngelt er Salz in mein Ohr,
Streut erkaltete Asche in
Das Augengrün des ewigen
Bundes, zerstörte Illusion.

Schleichend erobert er meine
Sinne, stiehlt mein Elysium.
Rau geweckt von der Wirklichkeit,
Lässt er mich wandeln durch das Meer

Der Geblendeten. Er verschließt
Die Zeiten, ich verbleib allein.

Mo-Loch

Mo-Loch

.

Trotz
zieht die
Schneide kurz,
ruckartig, fast
zu infernalisch
inszeniert und hitzig
entlang Deiner kratzigen
Fotze. Entzückt sitz‘ ich
auf zerklüfteter Knospe,
schiele Dein entrücktes
Antlitz spöttisch rotzend an,
als ich plötzlich Deine
Zitzen spreize und scharfe
Zacken den zarten Kropf
zerpflücken. Verspritzend spuckt
Dein Mo-Loch fetzige
Pfützen in spitzen Strahlen
und spuckend kotze ich
in den zerfetzten Rachen.
Schwitzend focht ich die Schlacht,
um kampflos verruchtem Krieg
zu trotzen, doch
Sehnsucht ritzt Dir
nicht Deinen Rumpf,
also wuchte
und wichse ich
Dir pflichtstrotzend
den Pflock ins Maul –
in Deinem Wund-
Wasser siechend.